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Statut

ABl 1/2024, S. 16–23

Statut Ethikkomitee des Caritasverbandes für die Diözese Augsburg e. V. Präambel

(1) Die Diözese Augsburg möchte ethische Fragestellungen, die sich Personen und Organisationen im Kontext von Lebenssituationen mit Teilhabe- und Pflegebedarf stellen, aufnehmen, mit entsprechender Sorgfalt und Expertise bearbeiten und beantworten. Damit möchte sie die Mitglieder des Diözesan-Caritasverbandes bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unterstützen.

(2) Die Auseinandersetzung mit ethischen Fragen ist Aufgabe aller Personen und Berufsgruppen, die in der Beratung, Behandlung, Pflege, Betreuung und Versorgung von Menschen tätig sind; sie ist auch Aufgabe der Leitungsverantwortlichen jeder einzelnen Mitgliedsorganisation und ihres Trägers. Auf der Grundlage seines Selbstverständnisses ist die Auseinandersetzung mit ethischen Fragen wichtiger Auftrag des Caritasverbandes für die Diözese Augsburg e. V. (im Folgenden DiCV abgekürzt).

(3) Aus diesem Auftrag heraus möchte der DiCV seine Mitgliedsorganisationen und Referate bei der Beantwortung ethischer Fragen aus deren Praxis, bei der Entwicklung ethisch grundierter Leitbilder und Organisationsregeln und damit auch bei der Entscheidungsfindung in ethischen Konfliktsituationen unterstützen. Zu diesem Zweck richtet er im Auftrag des Bischofs von Augsburg ein Ethikkomitee ein, auf das sich nachfolgendes Statut bezieht.

(4) Das Ethikkomitee soll mit seinen Aktivitäten Interesse an ethisch fundierten Problemlösungen wecken und bei von ethischen Konfliktsituationen betroffenen Personen zum Verständnis hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Lösungsmöglichkeiten beitragen. Durch sein Wirken sollen praktische Umsetzungsmöglichkeiten ethischer Grundhaltungen aufgezeigt und Erfahrungen bei deren Anwendung gesammelt werden. Wesentlich für die Arbeit des Ethikkomitees sind das Zur-Verfügung-Stellen von ethischen Handreichungen und Empfehlungen für die Mitgliedsorganisationen des DiCV, die das christliche Menschenbild zur Grundlage haben.

§ 1 Name und Grundlagen

(1) Der DiCV richtet im Auftrag des Bischofs von Augsburg ein Beratungsgremium mit dem Namen „Ethikkomitee des Caritasverbands für die Diözese Augsburg e. V.“ ein, im Folgenden „Ethikkomitee“ genannt.

(2) Die Mitglieder des Ethikkomitees orientieren sich an den staatlichen Rechtsvorschriften. Das christliche Verständnis vom Menschen bildet die verbindliche Grundlage ihrer Entscheidungen. Sie achten die Würde des Menschen, sein Leben und seine persönliche Freiheit und streben in ihrer Kommunikation nach Transparenz und Wahrheit.

(3) Der DiCV gewährleistet eine freie und ergebnisoffene Arbeit des Ethikkomitees und stellt keine weiteren Vorgaben. Insoweit sind die Mitglieder des Ethikkomitees in Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig und unterliegen keiner Weisung ihres Dienstgebers bzw. Dritter.

(4) Wenn für ein Mitglied bei der Behandlung einer speziellen Frage ein Interessen- oder Loyalitätskonflikt auftritt, so ist das Mitglied verpflichtet, dies der Geschäftsstelle des Ethikkomitees mitzuteilen. Das betroffene Mitglied darf sich an den Beratungen und Abstimmungen zu dieser Angelegenheit nicht beteiligen, es sei denn, das Ethikkomitee beschließt anderes.

(5) Die Mitglieder sind zur Einhaltung der Datenschutzbestimmungen und zur Verschwiegenheit über die Beratungen und alle vertraulichen Unterlagen und Informationen verpflichtet. Dies gilt auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit für das Ethikkomitee sowie für Personen, die vom Ethikkomitee als Sachverständige hinzugezogen werden oder die an den Sitzungen teilnehmen.

§ 2 Aufgaben

(1) Aufgaben des Ethikkomitees sind:

1. die Förderung von Auseinandersetzung und Bewusstseinsbildung über ethische Fragen in den betreffenden Mitgliedsorganisationen sowie den angegliederten Beratungsstellen des DiCV (im Folgenden Mitgliedsorganisationen und Beratungsstellen genannt) in dafür geeigneten Formaten,

2. die Entwicklung, Überprüfung und Weiterentwicklung ethischer Empfehlungen und Leitlinien, die mit den betroffenen Fachgebieten in den Referaten Teilhabe und Pflege, Migration und Auslandshilfe sowie Sucht und Psychiatrie abzu- stimmen sind und durch den Diözesan-Caritasdirektor bzw. die Diözesan- Caritasdirektorin als Leitlinien eingeführt werden können,

3. die Beratung des Diözesan-Caritasdirektors bzw. der Diözesan- Caritasdirektorin zu ethischen Fragestellungen, die sich Personen und Organisationen im Kontext von Lebenssituationen mit Teilhabe- und Pflegebedarf, der Sucht oder Migration stellen. Dies gilt insbesondere für die Einführung und Überprüfung ethischer Leitlinien.

(2) Aufgaben des Diözesan-Caritasverbandes sind:

1. Der DiCV nimmt die Aufgaben der Geschäftsstelle des Ethikkomitees wahr, die Einladung zu den Sitzungen sowie deren Protokollierung und die zentrale Verwaltung der erforderlichen Dokumentationen. Er stellt eine Sammlung von Dokumenten, Veröffentlichungen und Leitlinien zusammen, auf die das Ethikkomitee zurückgreifen kann.

2. Der Diözesan-Caritasdirektor bzw. die Diözesan-Caritas-direktorin sorgt dafür, dass die Mitgliedsorganisationen, die Beratungsstellen und die Öffentlichkeit in geeigneter Weise über wesentliche Aspekte der Arbeit des Ethikkomitees informiert werden.

(3) 3 Zusammensetzung, Mitglieder und Arbeitsweise

(1) Das Ethikkomitee setzt sich aus einer Lenkungsgruppe und themenbezogenen Fachgruppen zusammen.

(2) Die Mitglieder der Lenkungsgruppe und der Fachgruppen werden wie folgt vorgeschlagen: 1. Der Diözesan-Caritasdirektor bzw. die Diözesan-Caritasdirektorin schlägt dem Diözesanbischof geeignete Kandidatinnen und Kandidaten für die Lenkungsgruppe des Ethikkomitees vor.

2. Die Lenkungsgruppe nennt dem Diözesan-Caritasdirektor bzw. der Diözesan- Caritasdirektorin auf Vorschlag der Fachreferate des DiCV Augsburg je nach zu bearbeitendem Thema Mitglieder für Fachgruppen.

(3) Die Ernennung der Mitglieder der Lenkungsgruppe und der Fachgruppen erfolgt auf unterschiedlichen Wegen: 1. Im Einvernehmen mit dem Diözesanbischof erfragt der Diözesan- Caritasdirektor bzw. die Diözesan-Caritasdirektorin die Bereitschaft der vorgeschlagenen Kandidatinnen und Kandidaten, die daraufhin vom Diözesanbischof als ordentliche Mitglieder der Lenkungsgruppe des Ethikkomitees ernannt werden.

2. Die von der Lenkungsgruppe auf Vorschlag der Fachreferate vorgeschlagenen Mitglieder der Fachgruppen werden vom Diözesan-Caritasdirektor bzw. von der Diözesan-Caritasdirektorin berufen, sofern sie zur Übernahme der Aufgabe bereit sind.

(4) Mitglieder des Ethikkomitees sind die Mitglieder der Lenkungsgruppe sowie themenbezogen die Mitglieder der jeweiligen Fachgruppen.

1. In der Lenkungsgruppe des Ethikkomitees sind vertreten:

a der Vorstand des DiCV (Diözesan-Caritasdirektor bzw. Diözesan- Caritasdirektorin),

b eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter des DiCV Augsburg aus dem Referat Teilhabe und Pflege für die Führung der Geschäftsstelle und

c eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter des DiCV Augsburg in verantwortlicher Position aus dem Referat Teilhabe und Pflege,

d ein bis zwei Seelsorgerinnen oder Seelsorger aus den Fachgebieten,

e eine Moraltheologin oder ein Moraltheologe,

f eine Ärztin oder ein Arzt,

g eine Juristin oder ein Jurist,

h eine Leitungs- oder Fachkraft aus der stationären Altenhilfe,

i eine Leitungs- oder Fachkraft aus der Eingliederungshilfe,

j eine Leitungs- oder Fachkraft aus der ambulanten Altenhilfe,

k eine Vertreterin oder ein Vertreter der Angehörigen,

l eine Vertreterin oder ein Vertreter der Hospizdienste.

2. Für die Mitarbeit in den Fachgruppen können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des DiCV Augsburg, Leitungs- und Fachkräfte aus den Mitgliedsorganisationen, Betroffene oder deren Vertretungen sowie externe Fachleute benannt werden.

3. Zudem kann der Diözesan-Caritasdirektor bzw. die Diözesan-Caritasdirektorin zusätzliche beratende Mitglieder oder Sachverständige ohne Stimmrecht einbeziehen. Diese müssen keiner bestimmten Gruppierung oder Einrichtung angehören.

(5) Für die Dauer der Mitgliedschaft gilt:

1. Die Amtszeit der Lenkungsgruppe beträgt vier Jahre. Die Mitgliedschaft eines einzelnen Mitglieds erlischt bei freiwilligem Austritt oder zum Ablauf der Amtszeit des Gremiums. Eine erneute Berufung ist möglich. Scheidet ein ordentliches Mitglied während der Amtszeit aus, wird für die restliche Dauer der Amtszeit ein Mitglied gemäß § 3 (4) Ziffer 1 nachberufen.

2. Die Teilnahme der Mitglieder der Fachgruppen sowie der beratenden Mitglieder nach § 3 (4) Ziffer 3 richtet sich in der Regel nach den Erfordernissen bei der Behandlung ethischer Fragestellungen und wird auf Vorschlag der Lenkungsgruppe durch den Diözesan-Caritasdirektor bzw. die Diözesan-Caritasdirektorin festgelegt.

(6) Für Stellungnahmen, Beschlüsse, Handreichungen und Empfehlungen gilt:

1. Für fachspezifische Fragestellungen kann das Ethikkomitee gemäß seiner Zusammensetzung Fachgruppen entsprechend der Organisations- bzw. Unterstützungsfelder oder eines Themenkomplexes (z. B. Gewalt in Einrichtungen) unter Hinzuziehung von weiteren Expertinnen und Experten bilden. Die Leitung der Fachgruppen wird von einem durch den Diözesan- Caritasdirektor bzw. die Diözesan-Caritasdirektorin dazu benannten Mitglied der Fachgruppe wahrgenommen. Dieses leitet die Arbeit selbstständig, erstellt und redigiert Vorlagen für das Ethikkomitee und berichtet dem Vorsitzenden bzw. der Vorsitzenden über die Arbeitsergebnisse.

2. Zur zeitnahen Bearbeitung relevanter Themen kann das Ethikkomitee über den Vorsitzenden bzw. die Vorsitzende und die Geschäftsstelle Ad-hoc-Arbeitsgruppen einberufen.

3. Beschlüsse, Stellungnahmen, Handreichungen und Empfehlungen müssen durch die Lenkungsgruppe autorisiert werden.

§ 4 Vorsitz

(1) Den Vorsitz des Ethikkomitees und der Lenkungsgruppe übernimmt der Diözesan-Caritasdirektor bzw. die Diözesan-Caritasdirektorin. Die Lenkungsgruppe wählt aus ihrer Mitte eine Stellvertretung.

(2) Gemeinsam mit der Geschäftsstelle des Ethikkomitees bereiten der bzw. die Vorsitzende und die Stellvertretung die Sitzungen des Ethikkomitees vor, leiten sie und koordinieren die Aktivitäten des Ethikkomitees.

§ 5 Sitzungen des Ethikkomitees

(Lenkungsgruppe, ggf. unter Hinzuziehung weiterer Gruppen und Personen)

(1) Die Sitzungen des Ethikkomitees sind nicht öffentlich. (2) Die Sitzungen der Lenkungsgruppe finden mindestens viermal jährlich statt und können bei Bedarf auch online durchgeführt werden.

(3) Die vom Ethikkomitee zu behandelnden Themen werden jeweils in einem laufenden Plan für das folgende Jahr erstellt und während der Amtsperiode aktuell redigiert.

(4) Die Tagesordnung richtet sich im Wesentlichen nach den in der Arbeitsplanung gemäß § 5 (3) festgelegten Themen. Der Diözesan-Caritasdirektor bzw. die Diözesan-Caritasdirektorin und jedes ordentliche Mitglied des Ethikkomitees können Anträge zur Änderung der Tagesordnung einreichen, über die das Ethikkomitee zu Beginn einer Sitzung beschließt.

(5) Die Lenkungsgruppe des Ethikkomitees ist beschlussfähig, wenn alle Mitglieder eingeladen sind und mindestens die Hälfte der stimmberechtigten Mitglieder anwesend ist. Bei Beschlussunfähigkeit muss der bzw. die Vorsitzende eine weitere Sitzung mit derselben Tagesordnung einberufen, die unabhängig von der Zahl der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder mit den in § 5 (6) festgelegten Quoren beschlussfähig ist. Darauf ist in der Einladung hinzuweisen.

(6) Für Beschlüsse sind folgende Mehrheiten erforderlich:

1. Beschlüsse der Fachgruppen gehen mit einfacher Mehrheit in die Lenkungsgruppe. Diese werden dort gemeinsam von der zuständigen Fach- sowie der Lenkungsgruppe mit Zweidrittelmehrheit beschlossen. Schriftliche Voten abwesender Mitglieder können eingeholt werden und sind bei der Auszählung zu berücksichtigen.

2. Soweit dieses Statut nichts anderes vorsieht, werden sonstige Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der anwesenden ordentlichen Mitglieder der Lenkungsgruppe sowie der betreffenden Fachgruppe getroffen.

§ 6 Ethische Empfehlungen und Leitlinien

(1) Die Erarbeitung ethischer Empfehlungen verläuft in Phasen:

1. thematische Spezifizierung,

2. Sammlung von sachdienlichem und entscheidungsrelevantem Informationsmaterial,

3. Einholung von Expertisen nach Genehmigung durch den Diözesan- Caritasdirektor bzw. die Diözesan-Caritasdirektorin,

4. Diskussion verschiedener Lösungsalternativen, 5. Erstellung einer Empfehlung.

(2) Folgende Mehrheiten sind erforderlich:

1. eine Empfehlung erfordert mindestens eine Zweitdrittelmehrheit der ordentlichen Mitglieder gemäß den Regelungen in § 5 (6),

2. ein Minderheitsvotum kann von der Minderheit der ordentlichen Mitglieder angefügt werden,

3. die begründeten Einzelvoten namentlich gekennzeichneter ordentlicher Mitglieder, die vom Haupt- und Minderheitsvotum abweichen, können angefügt werden.

(3) Die Überprüfung einer ethischen Leitlinie und ihrer Praxisrelevanz erfolgt durch geeignete Maßnahmen, wie z. B. Umfragen oder Behandlung der Themen in den Fachgremien des DiCV.

§ 7 Themenfindung des Ethikkomitees

(1) Die Lenkungsgruppe erarbeitet einmal im Jahr eine Übersicht über allgemeineethische Themen, die bearbeitet werden sollen.

(2) Weitere aktuelle Themen werden entsprechend der Anfragen aus den Mitgliedsorganisationen und der Fachgruppen je nach Dringlichkeit eingefügt.

(3) Gegenstand der Sitzungen ist die Bearbeitung der im Jahresplan vorgesehen Themen, aktueller Anfragen und die Weiterentwicklung des Ethikkomitees.

§ 8 Finanzierung

(1) Personalausgaben für die Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsstelle und Sachkosten werden aus den Zuschüssen in vereinbarter Höhe aus dem Diözesanhaushalt getragen.

(2) Darüber hinausgehende Kosten teilen sich die Diözese Augsburg und der DiCV.

§ 9 Inkraftsetzung, Änderung des Statuts und Auflösung des Ethikkomitees

(1) Das Statut des Ethikkomitees wird durch den Diözesanbischof in Kraft gesetzt. Der Diözesan-Caritasdirektor bzw. die Diözesan-Caritasdirektorin kann Änderungen des Statutes beim Diözesanbischof beantragen. Die Mitglieder des Ethikkomitees können Änderungen des Statutes über den Diözesan-Caritasdirektor bzw. die Diözesan-Caritasdirektorin beantragen.

(2) Das Ethikkomitee kann nur aufgelöst werden, wenn der Diözesan-Caritasdirektor bzw. die Diözesan-Caritasdirektorin und mindestens zwei Drittel der ordentlichen Mitglieder der Lenkungsgruppe per Beschluss gemeinsam feststellen, dass die Grundlagen der Arbeit nicht mehr bestehen. Die Auflösung erfolgt durch den Diözesanbischof.

Damit ist das Statut für das Ethikkomitee vom 18. November 2014 außer Kraft gesetzt.

Augsburg, den 20. Dezember 2023

+ Bertram

Dr. Bertram Meier                           Dr. Christian Mazenik
Bischof von Augsburg                      Notar